SAN FRANCISCO – Nachdem sie Burritos in einer Taqueria in San Francisco gegessen hatten, nahmen Zivilfahnder der Einwanderungsbehörde drei Angestellte des Restaurants fest. José Sánchez López, der Koch, der das Essen am Freitag Morgen den 2. Mai zubereitete, war einer der Festgenommenen. Er wurde am selben Tag freigelassen, aber ihm wurde ein elektronisches Überwachungsgerät an seinem Fußknöchel angebracht, mit dem jeder seiner Schritte verfolgt werden kann.

Der Tag begann ganz normal in der Taquería El Balazo (“Der Schuss”) in der Marin Street 2560 in San Francisco, als sie um 10 Uhr geöffnet wurde. Eine halbe Stunde später kamen die ersten „Kunden“: „Eine Frau, die perfektes Spanisch sprach, ein dunkelhäutiger Man und ein weißer Mann“, erinnert sich Sánchez (32). Sie bestellten Burritos: Chorizo mit Ei, gegrilltes Rind und einen mit „nur Bohnen“ für die Frau. Die drei setzten sich, aber ließen keinen der Angestellten einen Augenblick aus den Augen. „Sie aßen und analysierten“, erinnert sich der Koch, der seit fast sieben Jahren im El Balazo arbeitet. Die Frau ging einmal zur Toilette und das ist, als alles begann. Nach Angaben von Sánchez vermuteten er und seine Kollegen von Anfang an, dass etwas nicht stimmte. „Kommt her!“, forderte der ICE (immigration and custom enforcement) Undercoverbeamte von den drei mexikanischen Arbeitern, die alle keine Papiere haben: José Sánchez López, der Koch, Antonio “Tony” Gonzalez, der Geschirrwäscher, und Gonzalezs Schwester, die als Kassiererin arbeitete. Innerhalb von Sekunden blockierten uniformierte ICE Beamte den Eingang, sagt Sánchez nervös gestikulierend als wenn alles noch einmal passieren würde. „Da ist alles zusammengebrochen, alle meine Träume”, sagt Sánchez. Dies war das Erste, was ihm einfiel, als die Razzia begann. „Die (ICE Beamten) fragten nach meinen Papieren und ich habe ihnen gesagt, dass ich keine habe“, sagt Sánchez, der aus Guadalajara, Jalisco stammt. Die Beamten haben die Schließfächer der Angestellten durchsucht und alles mitgenommen. Sánchez sagt, dass sie auch seinen Führerschein aus Washington an sich nahmen.
Ohne den Grund zu wissen, wurden die drei Einwanderer festgenommen. Die größte Überraschung war, so Sánchez, als im Gefängnis weitere Angestellte der gleichen Taqueriakette waren. Er war schockiert, als er feststellen musste, dass die anderen Festgenommenen seine Kollegen der Taquerien aus Danville, San Ramon, Concord, Pleasanton und Lafayette waren. „Wir sahen aus wie Verbrecher“, erzählt Tony Gonzalez, Sánchezs Freund, als er sich erinnert wie es war in Handschellen zu sein. Gonzalez arbeitet seit acht Jahren in der Taqueria und sagt, dass er sich nun um seine Zukunft sorgt.
Proteste gegen die Razzien
Sánchez und Gonzalez erzählten ihre Geschichte inmitten einer protestierenden Menschenmenge, die “ Ohne Gerechtigkeit gibt es keinen Frieden”, und “ Wir wollen eine Welt ohne Grenzen.“ rief. Die Proteste wurden von Gruppen für Rechte von Einwanderern und religiösen Gruppen organisiert und fanden am 5. Mai vor dem ICE Gebäude in San Francisco statt, um gegen die Razzien zu protestieren.

Am Telefon bestätigte die ICE Pressesprecherin Virginia Kice, dass 63 Arbeiter ohne Papiere von 11 Taquerien in der Bay Area bei den Razzien festgenommen wurden – 62 Mexikaner und ein Guatemaler. Von den Festgenommenen seien nur noch 10 in Haft, sagte sie. Die Restlichen wurde entlassen und warteten nun auf ihren Prozess. Frau Kice sagte, dass die Razzien aufgrund polizeilicher Untersuchungen durchgeführt wurden, aber lieferte keine genaueren Angaben. Bei den meisten der freigelassenen Einwanderer wurde wie bei Sánchez ein elektronisches Überwachungsgerät angebracht.
Evelyn Sanchez von der Bay Area Koalition für Immigrantenrechte sagte, dass viele Immigrationsorganisationen Kontakte zu betroffenen Familien aufgenommen haben und ihnen gegebenenfalls mit den Prozessen helfen würden. Die Aktivistin fügte hinzu, dass die Familien der Festgenommenen Angst haben. „Sie fühlen sich verletzlich und entblößt”, sagt sie, “ weil jemand in ihrem Haus elektronisch überwacht wird und die Einwanderungsbehörde nun weiß, wo sie leben.” Evelyn Sanchez fasst den emotionalen Zustand der Familien so zusammen “temor, terror y tristeza” (Furcht, Schrecken und Traurigkeit).
Für Sheila Cheng-Hagen, einer Vertreterin für Einwanderungsrechte in San Francisco, war es kein Zufall, dass die Razzien am 1. Mai durchgeführt wurden, einen Tag nachdem Tausende von Einwanderern auf den Straßen eine Einwanderungsreform gefordert hatten. Frau Chung-Hangen wies auf einen ähnlichen Vorfall in New Haven, Connecticut 2007 hin. Zwei Tage nachdem die Stadt einem Programm zugestimmt hatte, allen Einwanderern Ausweispapiere anzubieten, führte die ICE Razzien in der Stadt durch, bei denen 30 Arbeiter ohne Papiere festgenommen wurden.
Mark Silverman, Anwalt beim Immigrant Legal Resource Center (ILRC) sagte, dass die ICE Einsätze von einem neuen staatlichen Gesetz herrühren. Der Kongress und die jetzige Regierung, sagte er, seien für die Razzien verantwortlich. Er erklärte die Proteste, wie die vom 5. Mai, seien vorteilhaft für die Gruppen für Einwanderungsrechte, da sie die Leute vereinen und die Regierung und Politiker daran erinnern, dass das Einwanderungssystem nicht funktioniert und eine Einwanderungsreform dringend notwendig ist.
Photos: Erika Cebreros/El Mensajero 1. Bild José Sánchez López 2. Bild Antonio “Tony” González (links) und José Sánchez López
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