Dieses Jahr haben wir uns mal an den Vogel gewagt. Aber erst mal ganz von vorne.

Thanksgiving ist wohl der groesste Feiertag der Amerikaner. Der liegt immer auf einem Donnerstag Ende November. Rund um den Tag sollte man nicht versuchen, irgendwo hinzufliegen, oder aber mit dem Auto wohinzufahren. Ein Hotel buchen geht aber, weil die meisten Leute die Familie besuchen und auch bei der uebernachten.
Wie bei jedem guten Feiertag steht auch bei Thanksgiving das Essen im Mittelpunkt. Und traditionell gibt es Truthahn.

Das ist auch der eigentliche Grund, warum Amerikaner nicht nur riesige Backoefen haben, sonder haeufig auch zwei davon. So ein mindestens 16 Pfund (gut 7 kg, hier in Amerika ist halt nur fast alles groesser, das Pfund ist kleiner als in Deutschland) schwerer Truthahn wuerde in einen deutschen Backofen gar nicht reinpassen. Ausserdem muss man ja noch gleichzeitig zig andere Gerichte zubereiten, so dass ein Backofen auch nicht ausreicht. Denn Timing ist an Thanksgiving das A und O.
Zu dem Truthahn gibt es in jedem Fall Stuffing (das sind gewuerzte Brotkrumen mit Gemuese, die in den Truthahn gestopft werden. Wegen der Salmonellengefahr, falls das Stuffing nicht warm genug wird, machen die meisten Amerikaner aber heutzutage Dressing, das ist Stuffing, das nicht im Truthahn war, sondern in der Pfanne gebraten wurde), Gravy (Bratensosse) und Cranberrysosse (welche man, wenn man sie kauft, in jedem Fall so aus der Dose nimmt, dass man an dem Dosenabdruck noch die Marke erkennen kann. Vorsichtig in Scheiben schneiden ist erlaubt. Verona hat sie direkt erst mal kleingemanscht, damit sie nicht so gekauft aus sah, bevor Tori unser Chef, den wir mit Frau I-Zu und Sohn Ryan eingeladen hatten, uns dieses Geheimnis anvertraut hat). Weitere wichtige Gerichte sind Kartoffelpueree, gruene Bohnen, suesse Broetchen, Rosenkohl und vieles mehr. Und zum Nachtisch gibt es Kuerbispie. Letztes Jahr bei Tori hatten wir uns nur um den Kurbispie gekuemmert, diese Mahl haben wir den Truthahn und die ganzen Beilagen uebernommen.

Unser 8 Pfund Minitruthahn haette aber auch in einen deutschen Backofen gepasst. Erst mal mussten wir aber sicherstellen, dass wir auch den richtigen Vogel bekommen hatten. Gaense koennen schwimmen, Truthaehne nicht. Und um sicherzustellen, dass er auch wirklich tot war, haben wir ihn dann ueber Nacht in der Salzlake gelassen. Das soll uebrigens auch helfen, dass der Vogel beim Backen nicht ganz austrocknet, und ist auch eine gute Grundlage fuer eine Blutsuppe. Austrocknen ist naemlich das ganz grosse Problem an dem Tier. Von allen Voegeln, die man essen kann, hat der nicht nur am wenigsten Geschmack, er trocknet auch am schnellsten aus. Aber so hat man an Thanksgiving immer genuegend Gespraechsthema:
Dieses Jahr war er nicht so trocken wie das letzte. Wenn er auch sicherlich nicht an den von 1985 heran kam.....
Im Internet gibt es unzaehlige Rezepte, die aber leider alle erst beim 16 Pfund Truthahn anfangen. Macht nix, sollte man meinen, halbiert man halt einfach alle Zutaten. Ist leider nicht ganz so einfach, weil die wichtigste Zutat die Hitze ist, und da gibt es nur Formeln, wie lange ein groesserer Truthahn braucht. Nach der Rechnung haetten wir unseren gar nicht erst in den Backofen tun duerfen. Desweiteren gibt es dann noch die heisse (350F/180C) und die sehr heisse (500F/260C) Art Truthahn zu backen. Dauert dann entweder 5-8 oder 1 1/2 Stunden. Wir haben uns fuer 450F und 1 1/2 Stunden entschieden.
Als der Vogel endlich im Ofen war, ging es daran, die Beilagen herzustellen. Als Vorspeise gab es Jamie Olivers leckeren Moehrenfenchelselleriesalat (den Toris zweijaehriger Sohn Ryan fleissig weggemuemmelt hat), und spaeter noch gebackenen Kuerbis, Brataepfel, Kartoffelknoedel (alles ganz traditionell), Gravy und, wie schon erwaehnt, Cranberrysosse.
Nach Anderthalbstunden sah der Truthahn schoen knusprig aus und war auch schoen durchgebraten, waehrend Ryan sich noch bei seiner ersten Karussellfahrt vergnuegte. Durch den Aufdembauchbratentrick war auch genuegend Fett in die Brust gelaufen, so dass die nicht zu trocken war. Leider war aber zu viel Salz aus der Lake in den Truthahn gewandert, so dass der Vogel ein wenig, die Bratensosse aber extrem salzig waren. Tori hat, als echter
Amerikaner, aber gemeint, es waere zwar salzig, aber fuer seinen Geschmack nicht zu salzig. Aber entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, hat er von der Gravy nur sehr sparsam genommen.
Und zum Nachtisch hatte Tori noch einen viel zu grossen Apfelpie mitgebracht, den die Kollegen bei der NASA aber brav aufgessen haben.